Historie der Verhütung und Sterilisation

Von Sabine Talaska

Seit einigen Jahrtausenden versuchen die Menschen, für sich ein perfektes Mittel zur Empfängnisverhütung zu finden und so die Natur zu überlisten. Die älteste bisher gefundene Dokumentation ist der Papyrus Kahun. 1898 wurde es vom britischen Archäologen Sir William Flinders Petrie bei Ausgrabungen südlich von Kairo gefunden. Es stammte aus der Zeit um 2200 bis 2100 vor Christus. Hier ein Auszug:

„Um die Empfängnis zu vermeiden: Krokodilexkremente, fein aufgelöst in saurer Milch damit bewässern ... einen halben Liter Honig in ihre Vagina eingeführt mit einer Prise Soda ... saure Milch, in ihre Vagina gegossen ...“

Diese Rezepturen müssen ziemlich gut funktioniert haben, denn durch den klebrigen Honig wird den Spermien der Zugang zur Gebärmutter verwehrt. Der Säurehaushalt der Scheide wird durch die saure Milch oder Soda gestört. Um 1550 vor Christus findet sich im Papyrus Ebers eine Tampon-Rezeptur, die eine ungewollte Schwangerschaft sogar über den Zeitraum von bis zu drei Jahren verhindern soll.

„...Akazienspitzen, fein zerrieben, mit Datteln und Honig auf Faserbausch gestrichen und tief in den Schoß gegeben...“

Viele sich ähnelnde Rezepturen, einschließlich magischer Empfehlungen, wurden in den folgenden Jahren beschrieben. 1886 wurden in England die ersten industriell angefertigten und kommerziell vertriebenen Artikel zur Empfängnisverhütung gefertigt. Eine Notiz in „The Wife’s Handbook“ macht auf einen Chemiker, Mr. W. J. Rendell, aufmerksam der Chinin-Pessare erfunden hat, die sich auflösen. Diese Pessare enthalten Chinin und Kakaobutter. Im Zweiten Weltkrieg sind diese „Rendells“, wie sie in England genannt werden, weit verbreitet, obwohl sie nur eine geringe Sicherheit bieten. Erst in den fünfziger Jahren bringt die chemische Industrie spermazide Präparate auf den Markt. Sie werden auch heute noch in Form von Cremes, Schaumpräparaten und Zäpfchen verwendet.

Während alle bisherigen Maßnahmen der Empfängnisverhütung der Frau aufgebürdet wurden, erwähnte die Bibel ein Vorgehen, das allein vom Mann Disziplin und Verantwortung verlangt: den heute weit verbreiteten Koitus Interruptus. Um 1550 beschreibt der italienische Arzt Gabriel Fallopio einen „Männerschutz“:

„Vor jedem Beischlaf muss der Mann seine Genitalien gut waschen. Danach muss er ein Stück Leinen über seine Eichel tun und die Vorhaut darüber ziehen, damit das Tüchlein gut fest anliegt. Dann wird das Läppchen mit Speichel oder einer Lotion nass gemacht.“

Fallopio gilt nicht als Erfinder des Kondoms. Eine vom römischen Schriftsteller Antonius Liberalis um 150 nach Christus erzählte Sage deutet darauf hin, dass die Römer bereits Ziegenblasen als Kondom verwendeten. Als Charles Goodyear 1839 die Vulkanisierung des Gummis erfindet, treten die Präservative ihren Siegeszug an. Die heutigen Latexkondome wurden in den dreißiger Jahren von Julius Fromm entwickelt. Schon seit der Antike haben Ärzte Pessare für den äußeren Muttermund verwendet, um die Gebärmutter bei Lageveränderung zu stützen. Im Jahr 1838 entwickelte der Berliner Gynäkologe Friedrich Wilke aus Kautschuk ein Portio-Pessar, das auch der Verhütung diente.

Im Jahr 1951 wurde die Idee zur Pille geboren. Das Prinzip der Pille ist bis heute gleich geblieben, obwohl sie heute nur Hormonabkömmlinge enthält. Schon bereits wenige Jahre nach der Entdeckung der Pille waren ihre umfangreichen Nebenwirkungen bekannt, mit denen wir noch heute kämpfen müssen und die die Suche nach anderen Kontrazeptionsmethoden weiter erforderlich machen. Diskutiert werden folgende Nebenwirkungsgruppen:

1. Kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Nebenwirkungen (Thrombosen, Embolien, Hirnblutungen, Herzinfarkte, Hypertonus etc.),

2. Krebsrisiken (Portio/Zervix-CA, Endometriumkarzinom, Ovarialkarzinom, Brustkrebs, malignes Melanom, Leberzellkarzinom),

3. gutartige Tumore der Leber, der Brust und der Eierstöcke,

4. Infekt-Förderung,

5. Magen-Darmveränderungen,

6. Sehstörungen,

7. psychische Störungen (7, 11).

Die „Pille für den Mann“ lässt allerdings noch auf sich warten. Frauen und Männer, die keine Kinder haben möchten, wählen zunehmend die endgültige Methode: die Sterilisation, bei der der Frau die Eileiter und beim Mann die Samenleiter durchtrennt werden. Seit ca. 100 Jahren wird die chirurgische Sterilisation durchgeführt, bei der die Samenleiter des Mannes und die Eileiter der Frau operativ durchtrennt werden. Durchtrennung der Eileiter sind seit 1850 bekannt, erste Erfahrungen mit der Sterilisation von Männern seit 1890. Ein trauriges Kapitel der Sterilisation, welches sicherlich auch heute noch verantwortlich für unterschwellige Ängste ist, begann mit der Zeit der Zwangssterilisation.

Die Geschichte der chirurgischen Sterilisation ist deshalb auch die Geschichte des Missbrauchs. Nicht nur aus dem Dritten Reich ist dieser Missbrauch bekannt, Rassentheorien und Rassendiskriminierung veranlassten bereits den französischen Adel zu Zeiten der französischen Revolution zwangszusterilisieren. In Amerika wurden Ende des neunzehnten Jahrhunderts Zwangssterilisationen an jugendlichen Gefangenen bekannt, um deren Hang zu übermäßiger Masturbation einzudämmen. Einen grausamen Höhepunkt erreichen Zwangssterilisationen und Experimente mit Sterilisationen jedoch im Dritten Reich, bis das Thema Zwangssterilisation Ende der Fünfziger Jahre ad acta gelegt wurde (27). Die Sterilisation der Frau ist eine operativ endgültige Methode der Familienplanung. Sie ist ein absoluter Wahleingriff, deshalb müssen die Risiken sehr gering sein. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Probleme bei der Tubensterilisation sind zum Beispiel: Narkosezwischenfälle, Thromboembolien, Blutungen und Sepsis, Herzrhythmusstörungen, gehäuftes Auftreten von Eileiterschwangerschaften (bei Sterilisationsversagen treten sie in 50 % der Fälle auf) etc. Aus diesem Grund legten amerikanische Gynäkologen vor ungefähr 2 1/2 Jahren fest, die Tubensterilisation äußerst restriktiv zu handhaben. Auch in Europa wird bereits nach Kriterien gesucht, die die schlechten Erfahrungen der letzten Jahre mit der Tubensterilisation eingrenzen und verbessern könnten (7, 11, 41). Die Sterilisationsvasektomie beim Mann, eine seit den 60er Jahren bekannte Kontrazeptionsmethode, ist neben dem Kondom die weltweit am häufigsten angewandte Kontrazeptionsmethode des Mannes. In Abhängigkeit von kulturellen und religiösen Besonderheiten werden die meisten Vasektomien in den Ländern der Dritten Welt durchgeführt. Es sind ca. 40 Mio. Männer überwiegend in Indien und China, gefolgt von den USA mit ca. 6 Mio. und Europa mit ca. 3 Mio. (19). Die Vasektomie stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt die einzig sichere männliche Kontrazeptionsmethode dar. Sie ist jedoch nur partiell reversibel und bedarf deswegen einer besonderen Sorgfalt. In Deutschland werden jährlich schätzungsweise 50.000 Vasektomien durchgeführt. In der Summe der Kontrazeption auf männlicher und weiblicher Seite sind dies nur 2% (15).

Grundsätzlich können alle Vasektomien ambulant durchgeführt werden.

(vollständig aus "Urologische Komplikationen nach Sterilisationsvasektomie", Kap. 1 Einleitung der Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Medizin an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München von Sabine Talaska aus Zittau 2004 - Fußnoten bzw. Quellenverzeichnis ist dort hinterlegt)


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